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Bericht in EML 5/2017: “Webportal automatisiert Blechherstellung”

Autor: Elias Kopf
Den vollständigen Bericht “Webportal automatisiert Blechherstellung” finden Sie hier. (Nicht mehr verfügbar) http://www.einkauf.ch/fileadmin/redaktion/pdf/Ebooks/EML_5_2017_eBook.pdf.

Bleche gehören in zahlreichen Branchen zum Standardbedarf. Bei der klassischen Blechherstellung kommt es allerdings zu kostentreibenden Schnittstellen. Doch nun sorgt ein innovatives Webportal für eine automatisierte Offertstellung und Produktionsabwicklung. Dadurch lassen sich nicht nur die Bestellvorgänge erheblich beschleunigen; auch die Beschaffungskosten sinken um 20 Prozent. Zudem lassen sich auch Einzelteile kostengünstig kalkulieren und herstellen.

Am Nationalen Zukunftstag erhalten Schü- lerinnen und Schüler jeweils die Möglichkeit, ihre Eltern bei der Arbeit zu begleiten. Natürlich versuchen die Betriebe, das Interesse der Kinder mit Spezialprojekten zu wecken. So auch Bruno Kälin, der zusammen mit Jonas Vonaesch und Thomas Bossardt das Blechbearbeitungsportal Blexon aufgebaut hat. «Am Nationalen Zukunftstag 2007 wollte mein damaliger Arbeitgeber den Kindern die Möglichkeit bieten, ein individuelles Blechteil zu konstruieren, über mehrere Arbeitsgänge und Maschinen herzustellen und am gleichen Nachmittag mit nach Hause zu nehmen», berichtet Kälin im Interview mit «Swissmem Panorama». Doch im normalen Betrieb hätte der Prozess der Blechherstellung von der Idee bis zum fertigen Teil viel zu lang gedauert. «Darum übersprangen wir alle administrativen Schritte und organisierten die Fertigung der Blechteile direkt mit den beteiligten Maschinenbedienern. Die Durchlaufzeit verkürzte sich dadurch von mehreren Tagen auf weniger als zwei Stunden.» Daraus sei schliesslich die Geschäftsidee fürs Webportal Blexon entstanden, das Machbarkeitsprüfung, Angebotserstellung und Auftragsabwicklung für Bleche zeitsparend und weitgehend automatisiert durchführt.

Schnittstellen treiben Kosten nach oben

Bleche sind vielseitig einsetzbar und finden daher in zahlreichen Branchen Verwendung. Die klassischen Verfahren für massgeschneiderte Blechteile sind Laserschneiden und Abkanten. Bei der herkömmlichen Herstellung – also vor der Lancierung des Blexon-Portals – entstanden allerdings Schnittstellen und Medienbrüche, die nicht nur zeitraubend, sondern auch kostentreibend sind. Denn meistens erstellt der Kunde ein CAD-Modell des gewünschten Blechs und schickt es zur Offertstellung per E-Mail an einen Blechfertiger. Dieser überträgt das Bauteil in seine eigene CAM-Software, um die Herstellbarkeit zu prüfen und einen Kostenvoranschlag zu erstellen. Dabei wird der Offertaufwand auf den Preis geschlagen, was insbesondere bei kleinen Stückzahlen und Einzelfertigungen zu einer erheblichen Verteuerung führt. Der eigentliche Fertigungsprozess wiederum kann erst beginnen, nachdem der Besteller dem Kostenvoranschlag per E-Mail zugestimmt hat. Da der Hersteller den genauen Zeitpunkt dieser Zustimmung nicht planen kann, kann es sein, dass die Maschinen dann gerade anderweitig ausgelastet sind, wodurch sich Produktion und Lieferung weiter verzögern.

Automatische Simulationen prüfen Machbarkeit

Demgegenüber sind Designen und Bestellen von individuell gestalteten Blechen mithilfe des Blexon-Portals ein Kinderspiel. «Nachdem ein Kunde einen Artikel online gezeichnet oder über die CAD-Import-Funktion hochgeladen hat, kann er sich innerhalb von wenigen Sekunden den Artikelpreis in Form einer gestaffelten Preisliste berechnen lassen», erfährt man bei Blexon. Die intelligente Software hinter dem Portal reduziere den administrativen Aufwand im Bestellprozess auf ein Minimum. Dies mache sich für den Kunden in einem günstigen Preis bemerkbar – auch für Einzelteile und Kleinserien. «Sobald man den Button ‹Preis kalkulieren› drückt, starten im Hintergrund automatische Abklärungen. Mit der Schneidsimulation wird geprüft, ob das Blechteil geschnitten werden kann. In dieser Simulation werden auch doppelte Linien, unmögliche Konturen oder Zeichnungsrahmen erkannt, welche nicht gefertigt werden können. Bei abgekanteten Blechteilen wird zusätzlich die Biegesimulation gestartet. Während dieser Simulation wird geprüft, ob die Abkantungen auf den Biegemaschinen gefertigt werden können. Die Simulation beginnt mit der Auswahl von geeigneten Werkzeugen und einer sinnvollen Werkzeugstückelung. Nach dem Bestimmen der Biegereihenfolge werden Kollisionen mit dem Werkstück und mit der Maschine überprüft. Läuft die Biegesimulation kollisionsfrei durch, kann das Blechteil gefertigt werden», heisst es bei Blexon. Auch Leistungen wie Laser signieren, online abkanten, maschinell oder manuell entgraten sowie falzen gehören zum Programm. Die automatische Angebotserstellung umfasst nicht nur den genauen Preis, denn anhand der Maschinenauslastung wird auch der frühestmögliche Liefertermin errechnet. «Mit einem weiteren Mausklick wird aus dem Angebot ein Kundenauftrag erzeugt und via Mail bestätigt. Die individuellen Blechteile werden anschliessend auf modernsten 2DFlachbettlasern geschnitten und per Post in die ganze Schweiz versandt», erklärt Blexon.

Tiefe Kosten für Einzelteile

Zu den regelässigen Kunden von Blexon gehört auch die Hochschule Luzern, welche die Bestellungen von Studentenprojekten oft zusammengefasst. «So können Einrichtund Versandkosten unter den Studenten aufgeteilt werden, was zu tieferen Kosten für die einzelnen Blechteile führt», wird Stefan Lustenberger, zuständig für CAD-, CAM- und CAE-Infrastruktur an der «Hochschule Luzern – Technik und Architektur», im Blexon-Blog zitiert. Die automatische Prüfung der Fertigbarkeit von Laserblechen, die tiefen Kosten und die Online-Preiskalkulation bieten Lustenberger zufolge entscheidende Vorteile: «Sobald ich Material, Geometrie und Stückzahl definiert habe, kenne ich den Preis und weiss, ob das Laserblech hergestellt werden kann. An der Hochschule Luzern verwenden wir deshalb Blechteile von Blexon.»

20 Prozent tiefere Beschaffungskosten

Gleich tönt es auch bei der Müller TB Technologies AG, die Maschinen für die Aluminium-Fensterindustrie herstellt. Fast alle namhaften Aluminium-Presswerke und Systemhersteller rund um die Welt gehören zu ihrer Kundschaft. Blechteile werden bei der Müller TB Technologies AG sowohl im Prototypenbau als auch in der Serie als Maschinenteile, Schutz- und Abdeckbleche eingesetzt, berichtet der Blexon-Blog: «Dazu werden sämtliche von Blexon angebotenen Funktionen wie das Lasern, das Biegen, das Entgraten und gelegentlich auch das Markieren von Blechteilen genutzt.» Nachdem ein Blechteil im 3D CAD konstruiert und eine Abwicklung erstellt wurde, wird diese auf dem BlexonPortal importiert und kann sofort kalkuliert werden. Bei Biegeteilen wird laut Blexon-Blog zusätzlich eine 3D-Datei generiert, die exportiert und im CAD überprüft werden kann. «Die grössten Vorteile sind die sofortige Kenntnis der Preise in verschiedenen Losgrössen und das Prüfen der Machbarkeit der Laserteile im frühen Stadium», erklärt Christian Schai, Leiter Logistik bei Müller TB Technologies, im Blexon-Blog. «Durch die verbesserten Prozesse konnten die Beschaffungskosten gegenüber anderen Blechfertigern um gut 20 Prozent gesenkt werden und dies bei gleichbleibender Schweizer Qualität.»

Varianten kalkulieren und Preise vergleichen

Ebenfalls auf den Geschmack von Blexon gekommen ist die m&m public design AG, die im Bereich der Signaletik tätig ist. Die Firma plant und produziert Wegweisungs- und Orientierungssysteme für Bahn- und Verkehrsbetriebe sowie für Städte und Gemeinden. Wie Ueli Huber, Konstruktions- und Produktionsleiter der m&m public design AG auf dem Blexon-Portal erläutert, verwendet seine Firma für ihre Produkte Laserzuschnitte und Biegeteile für Unterkonstruktionen und Funktionsteile aus Blech: «Unsere Bauteile sind vielfältig in der Gestaltung. Wir benutzen verschiedene Blechstärken, Materialien und Formen. Die Masshaltigkeit der Teile überprüfen wir jeweils in unserem CAD-System mit den 3D-Daten vom Blexon-Portal. Die Erfahrungen zeigen, dass diese Überprüfung eine reine Sicherheitsmassnahme ist. Die Teile werden von Blexon immer präzise gefertigt.» Huber ist vor allem vom geringen administrativen Aufwand der Bestellung angetan: «Ich muss keine Detailzeichnung machen und habe trotzdem die Gewissheit, dass das Ergebnis den Anforderungen entspricht. Mit nur wenigen Klicks erhalte ich in kürzester Zeit einen verbindlichen und guten Preis, egal ob bei grossen oder kleinen Stückzahlen. Zudem lässt sich das Portal für Kostenoptimierungen bei Bauteilen nutzen, indem man verschiedene Varianten kalkuliert und die Preise der Blechherstellung vergleicht.»

Auf weitere Branchen übertragbar

Damit das Blexon-Portal stets zur vollen Zufriedenheit der Kunden funktioniert, leisten die Betreiber im Hintergrund viel Arbeit, wie Blexon-Mitgründer Bruno Kälin im Interview mit «Swissmem Panorama» verrät: «Kundenanforderungen sowie Fertigungs- und Logistikprozesse müssen genau verstanden und mit geeigneten Softwaretechnologien optimal integriert und unterstützt werden. Auch bei dieser starken Digitalisierung ist der intensive Kontakt zu Kunden und Fertigungsbetrieben von zentraler Bedeutung. Wir möchten wissen, wo der Schuh drückt und was wir noch besser machen können. So kann die digitale Brü- cke zwischen dem Kunden und der Fertigung ständig noch besser gebaut werden.» Dabei ist es Kälin zufolge durchaus denkbar, dass das von Blexon entwickelte Modell für austomatisierte Fertigungsportale in absehbarer Zukunft auf weitere Branchen übertragen wird: «Das Konzept liesse sich grundsätzlich sehr gut auch auf andere Bereiche übertragen. Ich denke da zum Beispiel an die Herstellung von Prototypen mit additiven Fertigungsverfahren oder auch an klassische Verfahren wie Dreh- und Fräsbearbeitung.»

Quellen:
www.swissmem.ch
www.blexon.ch